Timeline
Landständische Verfassung von 1818
Der Weg der Entstehung hin zur heute geltenden Verfassung Liechtensteins nimmt seinen Ausgangspunkt schon weit vor der Landständischen Verfassung von 1818.Dennoch stellt die Landständische Verfassung von 1818 als erstes, explizit als Verfassung bezeichnetes Dokument einen Meilenstein in der liechtensteinischen Verfassungsgeschichte dar. Aufgrund der Verpflichtung des Art 13 der „Deutschen Bundesakte“, ein Vertrag, dessen Zweck die Förderung der Stabilität der einzelnen deutschen Staaten in Folge der Napoleonischen Kriege war, erliess Fürst Johann Joseph im November 1818 eine landständische Verfassung für das Fürstentum Liechtenstein. Diese Verfassung hatte mit unserem heutigen Verfassungsverständnis – geprägt durch Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte– noch wenig gemeinsam, sondern war noch im Zeitalter des Absolutismus verankert. Aufgrund der allein in ihm vereinigten Staatsmacht wurde die Verfassung vom Fürsten einseitig, dh ohne Zustimmung einer weiteren Gewalt, erlassen („oktroyiert“).Die Einrichtung der Landstände, bestehend aus Geistlichkeit und Landmannschaften, welche sich jährlich als Landtag versammeln sollten, brachte keine gesetzgebenden Befugnisse mit sich. Der Landtag diente nur der Beratung und zustimmenden Beschlussfassung über die jährlichen Steuersummen.Als alleiniges Oberhaupt des Staats verfügte der Fürst weiterhin über alle Staatsgewalt. Das bedeutet auch die gesamte Gerichtsbarkeit war ihm unterstellt. Die Verfassung von 1818 verfestigte die absolutistischen Ansprüche des Fürsten als alleiniger Souverän. Ebenso wenig wie tiefgreifende Neuerungen hinsichtlich Gewaltenteilung oder massgeblicher politischer Partizipation finden sich Regelung über grundlegende Rechte der Landmannschaften, geschweige denn für das Volk als Gesamtheit oder den Einzelnen. Diese Errungenschaften blieben dem Zeitalter und den Ideen der Aufklärung vorbehalten.
Konstitutionelle Verfassung von 1862
Das europäische Revolutionsjahr 1848 zog auch an Liechtenstein nicht spurlos vorbei. Wenngleich die revolutionären Bestrebungen der liechtensteinischen Bevölkerung nicht in Aufstände mündeten, so gab es auch in Liechtenstein laute Stimmen, welche ihre Unzufriedenheit über die herrschenden Zustände Luft machten und eine freiheitliche Verfassung mit einer demokratisch gewählten Volksvertretung forderten. Nach dem Scheitern der Nationalversammlung zur Schaffung eines geeinten deutschen Staats kam es zunächst zu einer Rückkehr absolutistischer Machtansprüche. Doch die Zeichen der Zeit liessen sich nicht mehr verleugnen und machten den Weg frei hin zu einer einschneidenden Verfassungsreform. Beeinflusst von nunmehr vorherrschenden Zeitgeist der Aufklärung orientierte sich die am 26. September 1862 von Fürst Johann II unterzeichnete Verfassung nicht mehr nur an den Vorstellungen des Fürsten allein, sondern bezog auch Vertreter des Volkes in den Entstehungsprozess mit ein. Als Gemeinschaftsprodukt von Fürst und Landständen bildete die neue Verfassung eine Besonderheit innerhalb der deutschen Staaten.
Verfassung von 1921
Nach dem ersten Weltkrieg blieb in Europa kein Stein auf dem anderen. Deutschland und Österreich, in welchem die Monarchen als Wurzel und Sinnbild für Krieg und Elend standen, wurden zu Republiken. Im Gegensatz dazu war die Zustimmung der liechtensteinischen Bevölkerung zur monarchistischen Staatsform weiterhin hoch. Das Festhalten an der Monarchie sowie eine Verfestigung demokratischer Ideen sollte in einer geänderten Verfassung festgehalten werden. Fürst und Landtag einigten sich im Rahmen der sogenannten „Schlossabmachungen“ vom September 1920 auf eine Neuordnung des Staats als ein Neben- und Miteinander von Fürst und Volk. Aufbauend darauf wurde die erneuerte Verfassung von 1921 vom Landtag einstimmig beschlossen und am 5. Oktober 1921 vom Fürsten durch Sanktion bestätigt. Dem liechtensteinischen Staat wurde ein neuer Aufbau gegeben. Unter einleitendem Verweis auf die konstitutionelle Verfassung von 1862 stand die neue Verfassung von 1921 im Einklang mit dieser und fügt sich somit in die bisherige staatsrechtliche Tradition ein. Die geschichtliche Identität des Fürstentums Liechtenstein blieb gewahrt.
Verfassungsreform von 2003
Aufgrund politischer Spannungen vertiefte sich die Diskussion um den Reformbedarf der liechtensteinischen Verfassung gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Diese intensiv und teilweise auch emotional geführten Debatten spitzten sich insbesondere an der Stellung des Fürsten innerhalb des staatlichen Organisationsgefüges zu. Dies bewog Fürst Hans-Adam II und das Fürstenhaus dazu, selbst einen Reformvorschlag für die Verfassung von 1921 ausarbeiten zu lassen und im Rahmen einer Volksinitiative das Volk darüber entscheiden zu lassen. Die liechtensteinische Bevölkerung sprach sich am 14. bzw 16. März 2003 mit 64,7 Prozent für die Vorschläge des Fürstenhauses aus. Die als Gegeninitiative eingebrachten Reformvorschläge der Volksinitiative „Verfassungsfrieden“ erhielt rund 17% der Stimmen.Auf diesem Ergebnis aufbauend wurde die Verfassung von 1921 einer Revision unterzogen. Obwohl diese die umfassendste Änderung seit Erlassung der Verfassung im Jahr 1921 war und einige Artikel der Verfassung berührte, ist diese rechtlich gesehen als einheitliche Verfassungsrevision zu qualifizieren und reiht sich somit in den historischen Entstehungsprozess ein.